Bildung in Zeiten von KI & Co
- Meva Elciyörük
- 20. Mai
- 3 Min. Lesezeit
Wie sieht es mit Bildung in Zeiten von KI aus? Das ist ein Problem im pädagogischen Sinne, das mich wieder einmal zutiefst beschäftigt. Dafür möchte ich dich zu einem Gedankenexperiment einladen, in dem wir uns näher mit dem Begriff „Bildung“ befassen. Ja, du hast richtig gelesen – es gibt eine kleine Einführung in die Pädagogik. Aber ich verspreche dir: Sie wird kurz und knackig und enthält wichtige Grundzüge der Bildung, um daraus gewonnene Erkenntnisse auch auf die Nutzung von KI verständlich zu machen. Damit unser kleines Gedankenspiel auch gelingen mag, beziehe ich mich hier auf das philosophische Bildungsverständnis von Peter Bieri, der in seiner Rede „Wie wäre es, gebildet zu sein?“ wertvolle Impulse zu diesem Thema liefert:
„Bildung ist, was der Mensch mit sich und für sich selbst macht. Sie ist ziellos und strebt nicht danach, etwas zu können. In diesem Fall würde man nämlich über Ausbildung sprechen. Sie lehrt uns die Kunst, etwas zu werden und auf eine bestimmte Art und Weise in der Welt zu sein. Bildung in diesem Sinne ist Selbstbildung und Selbsterkenntnis. Die Grundhaltung, die dieser Art von Bildung innewohnt, ist Neugier – eine Neugier, die nicht nur konsumiert, sondern das Konsumierte aufnimmt, verdaut und erlaubt, zu verändern. Der Gebildete nach Bieri konsumiert aber nicht nur reines Wissen, sondern weiß sich auch in der Flut an Informationen, die nahezu gigantisch ist, zu orientieren. Dieses Vermögen verleiht dem Gebildeten eine gewisse Macht, die verhindert, dass man zum Opfer wird. Denn wer in der Welt Bescheid weiß, kann nicht hinters Licht geführt werden – er ist zur kritischen Reflexion befähigt und kann sich entsprechend wehren. Und der (wahre) Gebildete wehrt sich besonders gegen alles, was der Bildung im Wege steht“ (Zusammenfassung: Bieri, „Wie wäre es, gebildet zu sein“, 2005).
Was hat das alles nun mit der Verwendung von KI zu tun?
Nun, zuallererst möchte ich festhalten, dass ich sämtliche KI selbst nutze – ob um Bilder zu generieren, schnell Produkte zu erstellen, kreative Projekte zu gestalten oder schwierige Texte zu erklären: Sie kann ganz viel Arbeit erleichtern und hat enormes Potenzial. Jedoch bemerke ich mit zunehmender Besorgnis, dass immer mehr Menschen KI zu ihrem Sparringpartner des Lebens machen: Sie chatten und telefonieren über ihre alltäglichen Probleme mit einer KI – selbst kleine, belanglose Themen werden sofort mitgeteilt und erfragt, sodass die eigene Fähigkeit, mit jeglichen Problemen und Aufgaben des Lebens umzugehen, schlichtweg auf der Strecke bleibt. Die Menschen vertrauen dem Rat einer Maschine – die nie widerspricht, stets lobt, bestärkt und applaudiert – mehr als ihrem eigenen (kritischen) Denkvermögen! Ich sehe darin nicht nur eine Gefahr für die Bildung unserer Gesellschaft, sondern auch eine individuelle und soziale Gefahr, die zu einer zunehmenden Isolierung und Abhängigkeit führt.
Für mich stellen sich diesbezüglich ein paar Fragen:
Werden wir zunehmend denkfaul?
Warum bevorzugen Menschen lieber eine Unterhaltung mit einer KI als mit einem/r Freund:in?
Scheuen wir Kritik und Ablehnung (was unbedingt für die eigene Bildung notwendig wäre) so sehr, dass wir einen künstlichen Kuschelkurs vorziehen?
Verlernen wir durch die ständige Verfügbarkeit von KI, eigenständig zu denken und kreative Lösungswege zu entwickeln?
Entwickeln wir durch KI-Interaktionen eine verzerrte Erwartung an zwischenmenschliche Beziehungen – etwa, dass Gespräche immer verständnisvoll, prompt und widerspruchslos verlaufen sollen?
Können wir überhaupt noch echte Meinungsvielfalt erleben, wenn viele sich auf dieselbe technologische Quelle verlassen?
Diese Fragen kannst du als eine Art Einladung verstehen, dich vielleicht mit der eigenen Nutzung von KI kritisch auseinanderzusetzen.
Und ganz im Sinne der Bildung: Ich würde mich über deine Meinung und Haltung zu diesem Thema freuen!
Deine Meva





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