top of page

Loslassen

  • Autorenbild: Meva Elciyörük
    Meva Elciyörük
  • 10. Okt. 2023
  • 2 Min. Lesezeit

Das Leben ist authentisch und berührt uns mit seiner Sanftmut in flüchtigen Augenblicken und schenkt uns Zuversicht und Lebendigkeit in den dunkelsten Momenten. Jaaa! Das Leben verleiht uns Flügel und lässt Wunder geschehen, öffnet einen Spalt in unserem Geist und belebt uns, wenn wir lernen, seine Sprache zu verstehen. Es strahlt über uns wie die Sonne am Himmel und wärmt uns mit seiner wohltuenden Art. Und es spricht zu uns! Immer. Garantiert. Seine Sprache ist einmalig und einzigartig und findet vielseitig ihren Ausdruck. Es kommuniziert mit uns auf seine Art und Weise: Durch Musik, Natur, Wasserfälle, herzliche Begegnungen, Kunst und Literatur…

Diese Zeilen habe ich vor einigen Jahren nach einer Begegnung am Mönchsberg niedergeschrieben. Heute wurde mir eine ähnliche Erfahrung zuteil…

Seit einigen Wochen kündigt sich ein Thema an: das Loslassen! Das Loslassen ist wohl nicht meine stärkste Tugend, wie so vieles im Leben. Am Beispiel der Natur ist es nun an der Zeit, all die alten Blätter - alte Geschichten, alten Schmerz, altes Leid, alte Gedanken, alte Gefühle und alte Verhaltensweisen fallen zu lassen bzw. Abschied zu nehmen.

Das liegt im Wesen der Natur. Die Natur muss sich dafür nicht bemühen oder gar darüber nachdenken, wie und wann sie ihre Blätter fallen lässt. Sie tut es einfach. Der Wind, die Witterung und alle anderen naturbedingten Umstände helfen der Natur, ihrem Wesen gerecht zu werden und den Prozess des Loslassens voranzutreiben. Das kostet sie keine zusätzliche Anstrengung. So färbt sich jedes Blatt zur richtigen Zeit und fällt erst dann zu Boden, wenn der Moment dafür reif ist.

Diesen natürlichen Lauf der Natur durfte ich kürzlich durch ein Gespräch mit meiner Schwester erstmals erkennen: „Du möchtest immer alles im Griff haben und stets die Kontrolle behalten, lass doch einfach los und lass das Leben für dich arbeiten“, sagte sie.

Das Leben für mich arbeiten lassen? Doch so wie ich nun mal bin, versuchte ich, das Loslassen zunächst intellektuell zu erfassen.

Bis mir heute zufällig ein Buch in die Hände fiel, aus dem die Worte von Pablo Picasso herausragten:

„Ich suche nicht - ich finde.

Suchen, das ist Ausgehen von alten Beständen

Und ein Finden-Wollen von bereits Bekanntem.

Finden, das ist das völlig Neue.

Alle Wege sind offen und was gefunden wird,

Ist unbekannt.

Es ist ein Wagnis, ein heiliges Abenteuer:

Die Ungewissheit solcher Wagnisse können eigentlich

nur jene auf sich nehmen,

die im Ungeborgenen sich geborgen wissen,

die in der Ungewissheit,

in der Führerlosigkeit geführt werden,

die sich vom Ziel ziehen lassen

und nicht selbst das Ziel bestimmen“

(Schick die Affen spielen, Christoph Schlick, 2018, S. 56).

Die Worte Picassos waren Ausdruck und Antwort des Lebens auf meine Frage: Wie lasse ich das Leben für mich arbeiten? Ganz einfach, indem man sich dem Leben anvertraut und ihm vertraut. Die Voraussetzung für das Loslassen ist eben dieses Vertrauen in das Leben. Das ist nicht einfach, vor allem dann nicht, wenn einem das Grundgefühl von Sicherheit und Vertrauen abhandengekommen ist. Aber es lohnt sich ganz gewiss, das Wagnis des Vertrauens einzugehen. Waren nicht all diese (scheinbaren) Zufälle Ausdruck eben jenes Geistes, der im Vertrauen innewohnt?

Und zuallerletzt: „(…) Den Geist muss ich mir schenken lassen. Um ihn zu fassen, lasse ich ihn los…" (Krahe zit. nach Schlick, 2018, S. 57).



 
 
 

Kommentare


  • alt.text.label.Instagram
bottom of page