Un-geduld
- Meva Elciyörük
- 22. Aug. 2024
- 2 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 3. Dez. 2024
Es gibt wohl nichts mehr, was mich im Moment mehr herausfordert, als meine Ungeduld. So oft ertappe ich mich dabei, wie ich gerne "woanders" wäre - sei es in Bezug auf meine Gesundheit, meine persönliche Entwicklung, meine Ziele, meine Beziehungen etc. …
Was alles in der Ungeduld innewohnt? Ich würde meinen, so eine Menge: Getriebensein, Druck, Zweifel, Kampf und die Sehnsucht es endlich an das andere Ufer zu schaffen, obwohl ich nicht weiß, was mich am anderen Ufer erwartet. Ob es dort wohl schöner, heiler und farbenfroher ist? Ich weis es nicht.
Die Ungeduld zeigt mir nur auf, was ich nicht mehr will. Sie ist der Raum des Widerstandes, der Nicht-Akzeptanz, der Ablehnung gegen das, was ist.
Aber sie ist für mich auch der Raum der Ziele und Wünsche, sie ist die Potentialität, die nach Leben und Erfüllung schreit. Sie ist manchmal die unbändige Kraft, die trotz aller Widrigkeiten ihren Weg sucht.
Die Ungeduld richtet sich auf genau diesen Weg. Sie strebt stets danach den Weg zu beschleunigen, um schnellstmöglich Punkt XY zu erreichen, anstatt sich den gegenwärtigen Anforderungen und Aufgaben des Lebens zu stellen.
Ein Freund hat mir mal vor Jahren gesagt: “Man soll keiner Entwicklung vorgreifen.”
Vielleicht sollte man deshalb die Ungeduld als eine Art Schwangerschaft betrachten - als eine Zeit, in der man sich sehnsüchtig auf die Geburt eines Kindes vorbereitet. Aber eben geduldig, ohne den Prozess beschleunigen zu wollen und im Wissen dessen, dass es Zeit braucht, damit das Baby heranreift. So bekommt die Ungeduld einen neuen Partner: die Geduld. Zusammen sind sie eine liebevoll, aufgeregte Mutter, die sehnsüchtig auf ihr Baby wartet. Ganz im Sinne von Rilke: “(…) alles ist Austragen und dann Gebären…”
Genau in diesem Austragen und Warten vollzieht sich der Akt der Duldsamkeit.
Sie ist die gelebte Akzeptanz und Liebe für den Augenblick!
22.08.2024 - Meva Gülizar Elciyörük





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